Mit Solarenergie lassen sich auf lange Sicht Geld und kurzfristig Emissionen sparen. Der Wunsch, die Energieversorgung in die eigene Hand zu nehmen, wächst deshalb in vielen Privathaushalten – auch in Mehrfamilienhäusern ohne eigenen Garten. Balkonkraftwerke boomen deshalb. Aber lohnen sie sich wirklich? Und wenn ja, für wen und ab wann? Antworten darauf lieferte der „Workshop Balkonkraftwerk und DIY-IoT“ am 21. Januar 2023 in Dortmund, der vom Fraunhofer UMSICHT ausgerichtet wurde.
Prof. Dr. Klaus-Uwe Gollmer und Joachim Brinkmann vom Umwelt-Campus Birkenfeld der Hochschule Trier gaben einen sehr guten theoretischen Überblick über Potenziale und Pittfalls der „Sonnen-Selbstversorgung“ auf dem Balkon. Die gute Nachricht vorweg: Auch Wohnungen mit Nordbalkon können von der Sonnenenergie profitieren, die ernüchternde: Eine vollständige Substitution wird es mit den Balkonpanels nicht geben können.
Erst messen, dann machen
Wer mit dem Gedanken spielt, sich ein Balkonkraftwerk anzuschaffen, sollte zunächst mal den eigenen Status quo erfassen, um Einsparpotenziale bzw. Amortisationszeiten errechnen zu können.
Hierzu hielt der Vortrag schon mal eine praktische Basisberechnung bereit: Beim aktuell preisgedeckelten Strompreis von 40 Cent pro kWh kostet 1 kWh übers Jahr gesehen 3,50 Euro. Wer nun statt der Heizung lieber den Heizlüfter mit seinem Verbrauch von rund 2.000 Watt ein Jahr lang 24/7 laufen ließe, den würde dieses Vergnügen also 7.000 Euro kosten. Mit so extremen Rechnungen lassen sich keine seriösen Erkenntnisse erlangen, darum rieten die Experten, den eigenen Verbrauch der einzelnen Geräte im Haushalt mit einem modernen Messgerät (gibt es schon ab ca. 20 Euro) selbst zu ermitteln. Auch lohnt es sich, bei zum Beispiel dem Geschirrspüler den Stromverbrauch unterschiedlicher Programme zu messen. So ist das Kurzprogramm nicht zwangsläufig auch das sparsamere Programm.
Der Gesamtstromverbrauch lässt sich am Stromzähler ablesen, im Durchschnitt verbraucht ein Haushalt pro Person 1.000 kWh, eine vierköpfige Familie also um die 4.000 kWh.
Das können Balkonkraftwerke leisten
Mit einem Balkonkraftwerk können aktuell maximal 600 Watt eingespeist werden (die VDE Norm befindet sich gerade in der Änderung, künftig werden es wohl 800 Watt sein). Das entspricht in etwa der Leistung von 2 PV Modulen der Größe 2 x 1 Meter und einem Gewicht von rund 20 Kilogramm.
Mittlerweile gibt es unterschiedliche Module, die in Leistung und Preis variieren, besonders interessant für Balkon- oder Terrassenüberdachungen dürften Bifaciale Module sein, die transparent und damit gleichzeitig noch lichtdurchlässig sind. Der Vorteil des Balkonkraftwerks zu „normalen“ PV-Anlagen: Es bedarf keiner Genehmigung, lediglich einer Anmeldung bei den Stadtwerken und im Marktstandardregister. Mit Inkrafttreten der aktualisierten VDE Norm werden vermutlich auch alte, nicht-digitale Zähler für die Nutzung eines Balkonkraftwerks nutzbar sein (derzeit fordern die Stadtwerke den Austausch alter Zähler).
Wie viel Energie die Module tatsächlich liefern, hängt von der Ausrichtung des Balkons und auch vom Winkel der Module zur Einstrahlung ab. Würde man zwei Panele waagerecht auf einen Südbalkon legen, ließe sich eine Auslastung von 80 Prozent erzielen, das entsprächen 534 kWh im Jahr. Auf einem Nordbalkon ließen sich immerhin noch rund 280 kWh „ernten“. Hier würde also ein Panel a 300 Watt absolut reichen, mehr Energie könnte hier ohnehin nicht gewonnen werden.
Eingespeist wird die Energie über sogenannte Wechselrichter, die an den Hausstromkreislauf angeschlossen werden. Übrigens: Strom wird nur erzeugt, wenn die Module über den Wechselrichter an das Stromnetz angeschlossen sind, eine autarke Versorgung ist also nicht möglich (es sei denn die Panels sind an einen Speicher angeschlossen).
Eigennutzug senkt Amortisationszeit
Ein Nachteil der selbstgewonnen Solarenergie: Sie muss dann genutzt werden, wenn sie ins Stromnetz gelangt, also tagsüber. Energie, die eingespeist aber nicht im eigenen Haushalt genutzt wird, geht ins Gesamtnetz und wird am nächstbesten Standort abgerufen. Das hilft zwar auch, den Verbrauch fossiler Energien zu begrenzen, ist aber sicher nicht im Sinne des Besitzer des Balkonkraftwerks. Wer tagsüber nicht da ist und je nach Energieernte Waschmaschine, Spülmaschine & Co. anschalten kann, der profitiert von Smart Home Lösungen, über welche die Elektrogeräte gesteuert werden können.
Nun zu den Kosten: Ein Set bestehend aus 2 Solarmodulen und einem Wechselrichter kostet rund 700 Euro, bei einer Energieernte von 376 kWh im Jahr (entspricht einer Eigennutzung von 70 Prozent), ist die Anlage also nach knapp fünf Jahren abbezahlt – wird durch IoT eine 100prozentige Auslastung erreicht, auch schon früher. Allerdings müssen hier die Kosten für die Smart Home Solution mit einberechnet werden.
Haben wir Ihr Interesse geweckt? Hier finden Sie die gesamte Präsentation: https://www.umwelt-campus.de/fileadmin/Umwelt-Campus/IoT-Werkstatt/octopus/Praesentation_BalkonKraftWorkshopHandout2.pdf